Sitzung vom 19. Juli 2016

Dekretentwurf zur Abänderung des Kodex der Lokalen Demokratie und der Dezentralisierung insbesondere in Bezug auf die Wahlen

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in zweiter Lesung den Dekretentwurf zur Abänderung des Kodex der Lokalen Demokratie und der Dezentralisierung insbesondere in Bezug auf die Wahlen

Die Regierung beschließt, dem Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft den Dekretentwurf vorzulegen.

Die Vize-Ministerpräsidentin, Ministerin für Kultur, Beschäftigung und Tourismus wird mit der Durchführung dieses Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Nach Anwendung von Artikel 139 der Verfassung und gemäß dem Dekret vom 1. Juni 2004 über die Ausübung gewisser Zuständigkeiten der Wallonischen Region im Bereich der untergeordneten Behörden durch die Deutschsprachige Gemeinschaft und dem gleichlautenden wallonischen Dekret vom 27. Mai 2004 ist die Deutschsprachige Gemeinschaft seit dem 1. Januar 2005 im deutschen Sprachgebiet zuständig für die Verwaltungsaufsicht und die allgemeine Finanzierung der Gemeinden.

Die verbleibenden im Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen genannten Zuständigkeiten im Zusammenhang mit den untergeordneten Behörden blieben vorerst im Befugnisbereich der Wallonischen Region. Seit Verabschiedung der gleichlautenden Dekrete der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Wallonischen Region vom 5. Mai bzw. 28. April 2014 gehört die Grundlagengesetzgebung über die Gemeinden nunmehr zum Zuständigkeitsbereich der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Die Regierung hat Arbeitsgruppen eingesetzt, die diese Gesetzgebung einer gründlichen Durchforstung unterziehen und die je nach Themenfeldern unterschiedlich zusammengesetzt sind. Eine dieser Arbeitsgruppen, der die Bürgermeister der neun Gemeinden angehören, hat sich unter anderem mit Fragen in Bezug auf die Organisation der Gemeinderatswahlen befasst. Die Resultate dieser Überlegungen spiegeln sich insbesondere in den Kapiteln 1 und 4 des vorliegenden Dekretentwurfs wieder.

Der Vorentwurf wurde in der Regierungssitzung vom 14. April 2016 verabschiedet und dem Staatsrat zur Begutachtung übermittelt.

Die Kapitel 2 und 3 resultieren im Wesentlichen unmittelbar aus der Befugnisübertragung der Grundlagengesetzgebung an die Deutschsprachige Gemeinschaft. Einerseits ist die für die wallonischen Gemeinden zuständige regionale Kontrollkommission, die mit der Kontrolle der Wahlausgaben beauftragt ist, durch das entsprechende Gremium der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu ersetzen und andererseits soll auch im Bereich der Gemeinderatswahlen eine Verflachung der Verwaltungsstrukturen durch Abschaffung einer intervenierenden Ebene erreicht werden. Wie sich dies bereits bewährt hat, werden die Provinzbehörden im deutschen Sprachgebiet durch die Organe der Deutschsprachigen Gemeinschaft ersetzt. Die meisten der bis jetzt den Provinzbehörden zugewiesenen Aufgaben werden zukünftig von der Regierung beziehungsweise von den von ihr beauftragten Personen wahrgenommen. Eine Ausnahme bildet das im Rahmen der Streitsachen bezüglich der Gemeindewahlen zuständige administrative Rechtsorgan. Gemäß Gutachten des Staatsrats, der Bedenken dabei äußert, diese Aufgaben einer anderen politischen Instanz als den Provinzbehörden anzuvertrauen soll eine Beschwerdekommission eingerichtet werden, die über Streitfälle befindet. Die Mitglieder dieser Kommission werden vom Parlament auf Vorschlag der Regierung bezeichnet, wie dies beispielsweise auch in der Region Brüssel-Hauptstadt vorgesehen ist. Dass der Dekretgeber im Bereich der Gemeinderatswahlen auf die implizite Zuständigkeit zurückgreifen kann, ein administratives Rechtsprechungsorgan einzurichten, kann kaum angezweifelt werden. Zum einen ist dieser Rückgriff für die Ausübung der Befugnisse im Bereich der untergeordneten Behörden erforderlich und zum anderen eignet sich die Angelegenheit durchaus für eine differenzierte Regelung, wird sie doch in allen Landesteilen unterschiedlich gehandhabt.

Die technischen Anmerkungen des Staatsrats zu den einzelnen Artikeln wurden größtenteils umgesetzt, was im Kommentar zu den Artikeln kommentiert wird. Zum besseren Verständnis der Tragweite der vorgenommenen Änderungen wird die Einteilung in Kapitel jedoch beibehalten, anstatt die Artikel in der vom Kodex vorgegebenen Reihenfolge zu ändern.

Zu den einleitenden grundsätzlichen Bemerkungen des Staatsrats ist festzuhalten, dass weder das Sondergesetz über institutionelle Reformen, das den Regionen die Zuständigkeit über die untergeordneten Behörden zuweist, noch die gleichlautenden Dekret der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Wallonischen Region zur Übertragung der Befugnisse im Bereich der lokalen Behörden irgendwelche Vorbehalte bezüglich des Umfangs der Übertragung dieser Zuständigkeiten formulieren. Daraus ist zu schließen, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft vollumfänglich zuständig ist für die Regelung der Gemeinderatswahlen im deutschen Sprachgebiet, und dies aufgrund der am 1. Januar 2015 wirksam gewordenen weiteren Übertragung der Zuständigkeiten für die untergeordneten Behörden von der Wallonischen Region im Rahmen des Artikels 139 der Verfassung. Die Regelungshoheit für die Provinzialratswahlen sowie für die Gemeinderatswahlen in den französischsprachgien Gemeinden dagegen bleibt bei der Wallonischen Region. Auch wenn Konflikte zwischen den zuständigen Behörden möglichst vermieden werden sollten und eine Zusammenarbeit bei der konkreten Organisation der Wahlen wünschenswert ist und auch angestrebt wird, ist doch jede Behörde in rechtlicher Hinsicht in vollem Umfang zuständig für die Ausübung ihrer Befugnisse.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Es gibt zwei mögliche Szenarien:

1. Die Wahlcomputer werden von den Gemeinden angeschafft und sind deren Eigentum. Diese dürften insgesamt rund 750.000 Euro Kosten. Weil diese auch für folgende Föderal- bzw. Gemeinschaftswahlen genutzt werden wird, wird der Föderalstaat 20 % der Investitionskosten übernehmen. Von den restlichen 80% übernimmt die Gemeinschaft die Hälfte. Die restlichen 40 % werden anteilmäßig zur Anzahl Wähler unter den Gemeinden aufgeteilt.

Geschätzte Materialkosten für die DG: 300.000 Euro.

2. Ankauf der Computer für 133.705 Euro, die auch für spätere Wahlen genutzt werden können sowie der technischen Sorftware und Begleitung für 60.137 Euro. Die eigentlichen Wahlmaschinen werden für 46.464 Euro gemietet. Nach Abzug der 20 % Beteiligung des Föderalstaats an den Anschaffungskosten bleiben 213.656 Euro, die zu gleichen Teilen von den Gemeinden und der Deutschsprachigen Gemeinschaft übernommen werden.

Geschätzte Kosten für die DG: 106.783 Euro

Für die Organisation der Wahlen sind voraussichtlich mindestens drei Personen vorzusehen. Ein Projektleiter und zwei Sachbearbeiter, die alle über ein Minimum an Erfahrung verfügen sollten, sodass folgende Simulation den Überlegungen zugrunde gelegt werden kann:

  • Mitarbeiter der Stufe 1:  Gehaltstabelle I/4 mit 15 Dienstjahren; Gehalt, Urlaubsgeld, JEP und Arbeitgeberlasten = 72.880,53 Euro pro Jahr

  • Mitarbeiter der Stufe 2: Gehaltstabelle II/1 mit 10 Dienstjahren; Gehalt, Urlaubsgeld, JEP und Arbeitgeberlasten = 41.457,46 Euro pro Jahr

Für 2 Sachbearbeiter also 82.914, 92

Geschätzte jährliche Personalkosten: 155.795,45 Euro.

Außerdem werden diverse Kosten (z.B. für den Druck und Versand der Wahlaufforderungen, die Entschädigungen der Wahlhelfer, ....) anfallen, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht abzuschätzen sind

4. Gutachten:

Das Gutachten des Finanzinspektors vom 25. Februar 2016 liegt vor.

Das Einverständnis des Haushaltsministers liegt vor.

Das Gutachten des Staatsrats liegt vor.

Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 7. Juli 2016 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

Dekret vom 1. Juni 2004 über die Ausübung gewisser Zuständigkeiten der Wallonischen Region im Bereich der untergeordneten Behörden durch die Deutschsprachige Gemeinschaft, abgeändert durch das Dekret 5. Mai 2014