Sitzung vom 14. Juli 2016

Vorentwurf eines Dekretes zur Schaffung einer Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in zweiter Lesung den Vorentwurf eines Dekretes zur Schaffung einer Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in einer 30–Tages-Frist zu beantragen.

Der Minister für Familie, Gesundheit und Soziales wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Im Rahmen der 6. Staatsreform wurden der Deutschsprachigen Gemeinschaft diverse Zuständigkeiten in der Seniorenpolitik, so die Mobilitätshilfen, die Finanzierung der Alten-und Pflegewohnheime und die Beihilfen zur Unterstützung von Betagten übertragen. In diesem Kontext bestanden zum einen Synergien zu aktuellen Aufgaben der Dienststelle. Zum anderen entwickelte sich durch die Kompetenzübertragung die Notwendigkeit, neue behördliche Aufgaben in der Deutschsprachigen Gemeinschaft anzusiedeln.

Die demographische Entwicklung wird die Anfragen auf Unterstützung an die  Dienstleister im Seniorenbereich weiter erhöhen. Dadurch wird der Bedarf nach einer Verstärkung der neutralen Beratung der Nutznießer deutlich. Somit werden zum einen die Hilfen auf den Bedarf des Nutznießers zugeschnitten. Zum anderen können bei zeitweilig nicht verfügbaren Hilfen Alternativlösungen entwickelt werden, um eine Verschlimmerung der Bedarfssituation zu vermeiden.

Mit vorliegendem Entwurf wird also das aktuelle Dekret der Dienststelle für Personen mit Behinderung angepasst, die Aufgaben werden erweitert und in logischer Folge hierzu erhält die Dienststelle einen neuen Namen. Der Akzent wird hierbei auf das selbstbestimmte Leben der Menschen mit Unterstützungsbedarf, seien es nun Menschen mit einer Behinderung oder Senioren, gelegt. Diese Selbstbestimmung der Nutznießer findet sich als roter Faden im gesamten Dekrettext wieder.

Im Bereich der Menschen mit Behinderung sichert vorliegendes Dekret die Kontinuität in den bisherigen Aufgaben der Dienststelle.

Für das Zielpublikum Senioren erhält die Dienststelle einen neuen Auftrag durch die Erweiterung ihres Aufgabenfeldes um die bisherigen Aufgaben der Beratungsstelle für die häusliche, teilstationäre und stationäre Hilfe. Tatsächlich existiert sowohl im Bereich der Menschen mit Behinderung als auch im Bereich Senioren ein solches Beratungsangebot.

Die gemeinsame Organisation der Beratung, die aktuell für beide Zielpubliken in getrennten Einrichtungen erfolgt, dürfte Synergieeffekte und Skaleneffekte entstehen lassen, die für den Nutznießer eine verbesserte Dienstleistung ermöglichen.

Dieses Dekret reflektiert darüber hinaus eine weitere Entwicklung. Die Beratungsstelle wird aktuell zum Großteil durch das Landesinstitut für Kranken-und Invalidenversicherung (LIKIV) finanziert. Es  stellt sich die Frage, ob und bis zu welchem Grad die Beratungsstelle den signifikant divergierenden Anforderungen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und des LIKIV gerecht werden kann. Dieses Finanzierungsmodell und die doppelte inhaltliche Ausrichtung der Beratungsstelle stellt auf Dauer ein Hindernis für eine effektive Politikgestaltung dar. Durch das vorliegende Dekret wird die Arbeit der Beratungsstelle langfristig abgesichert, weiterentwickelt und gestärkt.

Bisher wurden die Mobilitätshilfen durch das LIKIV mit Hilfe der Krankenkassen und der Unterstützung der Dienststelle verwaltet. Durch die Kompetenzübernahme endet der diesbezügliche Auftrag des LIKIV und der Krankenkassen zum 1.1.2018. Die Übernahme dieser föderalen Zuständigkeit der Beratung und Bezuschussung von Mobilitätshilfen ergänzt das ohnehin bereits existierende Beratungsangebot der Dienststelle in diesem Bereich. Es ermöglicht auch einen erweiterten Beratungsauftrag aus einer Hand für das Zielpublikum Senioren. 

Um die Finanzierung der Alten-und Pflegewohnheime zu sichern, ist weiterhin eine neutrale Einschätzung des Unterstützungsbedarfes der Bewohner der Alten- und Pflegewohnheime der Deutschsprachigen Gemeinschaft erforderlich. Durch die Ansiedlung der Beratungstätigkeit in einer Behörde wird die Wahrnehmung dieser weiteren Aufgabe durch die neue Dienststelle ermöglicht. Auch bei dieser Entscheidung standen die Synergieeffekte zu dem Beratungsauftrag der Dienststelle im Vordergrund.

Zur Verwaltung dieser neuen Zuständigkeiten wird die Deutschsprachige Gemeinschaft also mit den zur Verfügung stehenden Strukturen und Ressourcen arbeiten, anstatt neue Behörden zu schaffen. Die so erweiterte Dienststelle soll künftig die Bürgerinnen und Bürger der Deutschsprachigen Gemeinschaft in der Entfaltung eines selbstbestimmten Lebens unterstützen. Somit bestimmt fortan eine Zielsetzung und keine Zielgruppe das Handeln der Dienststelle.

Die vorgesehene Konzertierung mit den Gewerkschaften hat stattgefunden. Es wurde Einvernehmen erzielt.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Vorliegendes Dekret hat folgende finanzielle Auswirkungen zur Folge:

Durch die Übernahme der Aufgaben der Beratungsstelle für die häusliche, teilstationäre und stationäre Hilfe, Eudomos- Ihr häuslicher Begleitdienst,  werden Mittel aus dem Haushalt der Gemeinschaft, OB 50 PR 17 Zw 33.06  an die Dienststelle übertragen. Es handelt sich um einen Betrag von 84.000 EUR.  Diese Übernahme bleibt also kostenneutral.

Das LIKIV wird in Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen auch in 2017 die Dienststelle für die von Eudomos-Ihr HBD übernommenen Aufgaben subventionieren.

Der diesbezügliche Zuschuss in 2016 beträgt 331.000 EUR. Die Summe für 2017 wird voraussichtlich dieselbe Höhe aufweisen.

Ab 2018 ist der Fortbestand dieser Subvention nicht mehr gesichert. Es kann daher zu zusätzlichen Ausgaben auf Ebene der Gemeinschaft kommen.

Was die Übernahme der neuen Zuständigkeit der Mobilitätshilfen betrifft, werden aktuell jährlich za. 200.000 EUR für die Bezuschussung von Hilfen an Personen durch eine Zahlung an das LIKIV über den Haushaltsartikel OB 50 PR 16 Zw. 34.32 ausgegeben. Auch diese Mittel werden der Dienststelle übertragen. Dieser Bereich ist also vorerst kostenneutral.

Die Dienststelle wird voraussichtlich zusätzliches Personal einstellen müssen, um ab 2017 die zusätzlich anfallenden Beratungen im Bereich der Mobilitätshilfen zu gewährleisten. Die Kosten sind noch nicht beziffert und hängen ab von der zusätzlichen Anzahl an Personen, die nunmehr beraten werden müssen. Diese Kosten werden ihren Niederschlag in der Dotation an die Dienststelle, die für 2017 noch nicht kalkuliert wurde, finden.

Die weiteren Aufgaben, so die Einschätzung der Pflegekategorien für die Bewohner der Alten-und Pflegewohnheime, fallen frühestens zum 1. Januar 2018 nach Ablauf der Übergangsperiode, in der das LIKIV diese Aufgaben verwaltet, an. Auch die diesbezüglichen Kosten müssen entsprechend des zukünftigen Finanzierungsmodells  für die Alten- und Pflegewohnheime beziffert werden.

4. Gutachten:

Das Protokoll S4/2016 der Verhandlungsergebnisse der Sitzung des Sektorenausschusses XIX vom 21. Juni 2016 liegt vor.

Das Gutachten des Finanzinspektors vom 7. Juli 2016 liegt vor.

Das Einverständnis des Haushaltsministers vom 8. Juli 2016 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

Sondergesetz vom 8. August 1980 über institutionelle Reformen, Artikel 5 §1

Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 4 §2