Sitzung vom 21. April 2016

Protokolle zwischen der Flämischen Region, der Wallonischen Region, der Region Brüssel-Hauptstadt und der Deutschsprachigen Gemeinschaft bezüglich der lokalen Beschäftigungsagenturen, der Freistellungen von der Arbeitssuche für Arbeitslose in Ausbildung, des Outplacements und der Zielgruppenpolitik

1. Beschlussfassung :

Die Regierung verabschiedet die Protokolle zwischen der Flämischen Region, der Wallonischen Region, der Region Brüssel-Hauptstadt und der Deutschsprachigen Gemeinschaft bezüglich der lokalen Beschäftigungsagenturen, der Freistellungen von der Arbeitssuche für Arbeitslose in Ausbildung, des Outplacements und der Zielgruppenpolitik.

Der Ministerpräsident und die Vize-Ministerpräsidentin, Ministerin für Kultur, Beschäftigung und Tourismus werden mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen :

2.1. Kontext

Im Rahmen der sechsten Staatsreform wurden zahlreiche Zuständigkeiten im Bereich der Beschäftigung vom Föderalstaat an die Regionen und anschließend, durch Anwendung vom Artikel 139 der Verfassung, von der Wallonischen Region an die Deutschsprachige Gemeinschaft übertragen.

Für die Maßnahmen, die bisher vom Landesamt für Arbeitsbeschaffung verwaltet wurden, hat man eine Übergangsphase vorgesehen, die durch ein Protokoll geregelt ist[1]. Dieses Protokoll sieht kein Enddatum vor. Es endet jedoch für eine bestimmte Zuständigkeit, wenn eine Region entscheidet, die Verwaltung dieser Maßnahme selber auszuführen.

Da dies mittlerweile für mehrere Zuständigkeiten der Fall ist, ist es sinnvoll, verschiedene Bestimmungen des Protokolls zu erneuern, insbesondere was die Zuordnungskriterien betrifft. In manchen Fällen wird auch die Verfahrensweise bei interregionalen Dossiers geregelt.

2.2. Lokale Beschäftigungsagenturen (LBA’s)

Die Zuordnungskriterien des LfA-Protokolls werden bestätigt:

  • Für die Regeln bezüglich der LBA‘s ist der Sozialsitz der LBA ausschlaggebend.

  • Für die Regeln bezüglich der Nutznießer ist entscheidend, in welcher Region die Dienstleistungen erbracht werden.

  • Für die Regeln bezüglich der Arbeitslosen, die über LBA beschäftigt werden, ist der Wohnsitz des Arbeitslosen ausschlaggebend.

Außerdem verpflichten sich die Regionen, Regeländerungen 9 Monate im Voraus anzukündigen. Hintergrund für diese lange Frist ist die Tatsache, dass die Regionen einen gemeinsamen öffentlichen Markt haben und man die Möglichkeit haben will, eine neue Ausschreibung zu machen, wenn beispielsweise eine Region aussteigen sollte.

Das Protokoll soll rückwirkend zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Es soll am 31. Dezember 2016 enden, oder wenn ein (neues) Kooperationsabkommen abgeschlossen wird.

2.3. Freistellungen von der Arbeitssuche für Arbeitslose in Ausbildung

Das Protokoll behandelt den Fall, in dem eine freigestellte Person im Zeitraum der Freistellung den Wohnsitz in eine andere Region verlagert (Anerkennung der Freistellung, Zuständigkeit für die Verlängerung der Freistellung, Anrechnung 12%-Klausel).

Artikel 2 regelt die Situation bei aktueller Gesetzgebung; Artikel 3 bei abgeänderter Gesetzgebung. Grundprinzipien: die Freistellung der anderen Regionen werden anerkannt; über eine Verlängerung entscheidet die Region, in der sich der neue Wohnsitz befindet.

Das Protokoll soll nach seiner Unterschrift in Kraft treten und hat kein Enddatum.

2.4. Outplacement

Das Zuordnungskriterium des LfA-Protokolls wird bestätigt. Die Region, in der sich die Niederlassungseinheit des betroffenen Unternehmens befindet, ist zuständig für das Outplacement.

Solange die Gesetzgebung nicht abgeändert wurde, erkennen die Regionen die Bescheinigungen der anderen Regionen an.

Das Protokoll soll rückwirkend zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Das Protokoll tritt außer Kraft, wenn eine Region die Gesetzgebung abändert oder ein (neues) Kooperationsabkommen abgeschlossen wird.

2.5. Zielgruppenpolitik

Hierbei handelt es sich um die Ermäßigungen der Beiträge zur sozialen Sicherheit (Zielgruppenermäßigungen) und die Aktivierung des Arbeitslosengeldes.

Solange die Gesetzgebung nicht abgeändert wurde, erkennen die Regionen die Zielgruppenermäßigungen und die Aktivierungen der anderen Regionen an. Der Umzug eines Arbeitnehmers in eine andere Region,  die Versetzung eines Arbeitnehmers in eine andere Niederlassungseinheit, sowie die Verlagerung einer Niederlassungseinheit in eine andere Region haben keinen Einfluss auf die gewährten Vorteile. Die gewährten Vorteile sind jedoch zu Lasten der neuen Region (Artikel 2 & 3).

Ab dem Moment, in dem eine Region die Gesetzgebung abändert (bzw. abschafft), sieht die Situation folgendermaßen aus (Artikel 4):

Eine Region ändert Gesetzgebung

Aktivierung Arbeitslosengeld

Reduzierung Sozialabgaben

Zeitpunkt neuer Arbeitsvertrag?

Arbeitsvertrag startet vor Abänderung

Arbeitsvertrag startet nach Abänderung

Arbeitsvertrag startet vor Abänderung

Arbeitsvertrag startet nach Abänderung

Umzug Arbeitnehmer in die Region, die die Gesetzgebung abgeändert hat (Wohnsitz ändert sich, Niederlassungseinheit nicht)

Vorteil weiterhin gewährt während einem "délai raisonable", festgelegt durch die neue Region, zu Lasten der neuen Region

Vorteil wird nicht mehr gewährt.

Kein Einfluss auf die gewährten Vorteile (die Niederlassungs-einheit ändert sich nicht)

Wechsel Niederlassungseinheit Arbeitnehmer bzw. Umzug Niederlassungseinheit in die Region, die die Gesetzgebung abgeändert hat (Niederlassungseinheit ändert sich, Wohnsitz nicht)

Kein Einfluss auf die gewährten Vorteile (der Wohnsitz ändert sich nicht)

Vorteil weiterhin gewährt während einem "délai raisonable", festgelegt durch die neue Region, zu Lasten der neuen Region

Vorteil wird nicht mehr gewährt.

         
 

("neue" Region = die Region die zuständig wird)

Das Protokoll soll rückwirkend zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Das Protokoll endet, wenn alle Regionen die bestehende Gesetzgebung angepasst oder abgeändert haben, oder ein (neues) Zusammenarbeitsabkommen oder ein Kooperationsabkommen abgeschlossen wird.

3. Finanzielle Auswirkungen :

Es entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

4. Gutachten :

Es werden keine Gutachten benötigt.

5. Rechtsgrundlagen :

Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 6, §1, IX, 6°, 7°, a) und b), 11°, 12° (eingefügt durch das Sondergesetz vom 6. Januar 2014 über die sechste Staatsreform, Artikel 22)

Dekret vom 10. Mai 1999 zur Ausübung der Befugnisse der Wallonischen Region in den Angelegenheiten Beschäftigung und Ausgrabungen durch die Deutschsprachige Gemeinschaft, abgeändert durch das Dekret vom 15. Dezember 2015 zur Abänderung verschiedener Dekrete im Hinblick auf die Ausübung gewisser Befugnisse der Wallonischen Region in den Angelegenheiten Beschäftigung und Denkmalschutz durch die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Décret du 6 mai 1999 relatif à l’exercice, par la Communauté germanophone, des compétences de la Région wallonne en matière d’emploi et de fouilles, modifié par le décret du 17 décembre 2015 modifiant différents décrets en vue de l’exercice, par la Communauté germanophone, de certaines compétences de la Région wallonne en matière d’emploi et de patrimoine.

 


[1] Protokoll vom 4. Juni 2014 zwischen dem Föderalstaat und der Flämischen Gemeinschaft, der Französischen Gemeinschaft und der Deutschsprachigen Gemeinschaft, der Flämischen Region, der Wallonischen Region, der Region Brüssel-Hauptstadt und der Französischen Gemeinschaftskommission über Vereinbarungen zu den Gemeinschaften und den Regionen übertragenen Angelegenheiten der Beschäftigungspolitik, die derzeit durch das Landesamt für Arbeitsbeschaffung ausgeübt werden.