Sitzung vom 14. April 2016

Entwurf eines Zusammenarbeitsabkommens bezüglich der vorzunehmenden Abänderungen in der Kindergeldgesetzgebung

1. Beschlussfassung: 

Die Regierung stimmt dem Entwurf eines Zusammenarbeitsabkommens zwischen der Flämischen Gemeinschaft, der Wallonischen Region, der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission und der Deutschsprachigen Gemeinschaft bezüglich der vorzunehmenden Abänderungen in der Kindergeldgesetzgebung zu.

Der Minister für Familie, Gesundheit und Soziales wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Dieses Zusammenarbeitsabkommen ändert direkt die Kindergeldgesetzgebung ab. Dies ist erforderlich, da die durchgeführten Abänderungen als Änderungen von wesentlichen Elementen nach Art. 94 §1bis Abs. 2 Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen anzusehen sind und deshalb durch Zusammenarbeitsabkommen geschehen müssen.

Kapitel 1. Fiskalischer Datenfluss

Aufgrund des seit Januar 2015 eingeführten Datenflusses zwischen dem FÖD Finanzen und FAMIFED, der Föderalagentur für Kindergeld, wurden in der ersten Jahreshälfte 2014 eine Reihe von Königlichen Erlassen entsprechend angepasst. In der Umsetzung hat sich jedoch gezeigt, dass diese Anpassung in gewissen Fällen nicht sinnvoll sind.

Kapitel 2. Hausangestellte

Am 16. Juni 2011 hat die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (IAO) das Übereinkommen Nr. 189 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte angenommen, um den Hausangestellten einen vergleichbaren sozialen Schutz zu gewähren, wie er anderen Arbeitnehmern zugutekommt. Um mit diesem Übereinkommen in Einklang zu stehen, hat Belgien seine Gesetzgebung abgeändert. So unterliegen seit dem 1. Oktober 2014 alle Hausangestellten dem allgemeinen Sozialversicherungssystem, dem sie vorher nicht oder nur teilweise unterlagen.

Hausangestellte sind also künftig „gewöhnliche“ Arbeitnehmer, für die der Arbeitgeber Beiträge für alle Bereiche der sozialen Sicherheit zu entrichten hat.

Im gegenwärtigen Allgemeinen Familienbeihilfengesetz (AFBG) ist das durch den Hausangestellten eröffnete Anrecht aber ein Residualanspruch, da er gewährt wird, wenn kein Anspruch auf Familienleistungen aufgrund einer anderen belgischen oder ausländischen, gesetzlichen oder reglementarischen Bestimmung oder aufgrund der Gesetzgebung für das Personal einer Einrichtung des internationalen öffentlichen Rechts besteht. Aufgrund von Artikel 102 §2 AFBG ist ausschließlich FAMIFED zuständig für die Gewährung der Familienleistungen an Personen, die im Rahmen einer Hausarbeit beschäftigt sind.

Mit dem vorgeschlagenen Text soll der Residualcharakter des Anrechts auf Familienleistungen für Hausangestellte aufgehoben werden. Da diese künftig sämtlichen Bereichen der sozialen Sicherheit unterliegen, ist der Residualcharakter ihres Anrechts nicht mehr gerechtfertigt.

Mit dem vorgeschlagenen Text wird die ausschließliche Zuständigkeit von FAMIFED für die Gewährung und Auszahlung der Familienleistungen an diese Gruppe von Arbeitnehmern bestätigt. Wegen der besonderen Merkmale der Hausarbeit, insbesondere einer häufig situationsbedingten Unbeständigkeit wie eine Aufeinanderfolge mehrerer Arbeitgeber oder gleichzeitige Leistungen bei mehreren Arbeitgebern, die die Bestimmung der zuständigen Kindergeldkasse erschweren, rechtfertigt die von FAMIFED erworbene Erfahrung gegenüber dieser Gruppe von Arbeitnehmern, dass die Agentur ihre Zuständigkeit behält.

Kapitel 3. Zu Unrecht gezahlte Beträge

Entsprechend des Entscheids Nr. 1/2010 des Verfassungsgerichts vom 20. Januar 2010 können die Kindergeldkassen seit dem 1. Januar 2014 die wegen ihres Fehlers zu Unrecht gezahlten Familienleistungen nicht mehr zurückfordern und müssen sie ihrem eigenen Rücklagenfonds anlasten.

Durch diese Anlastung besteht das Risiko, dass früher oder später der Rücklagenfonds bestimmter Kassen ins Ungleichgewicht gerät. Um dieser Situation teilweise vorzubeugen, hat der Gesetzgeber entschieden, die zu Unrecht gezahlten und nicht mehr eintreibbaren Familienleistungen, die nicht auf einen Fehler der Kindergeldkassen zurückzuführen sind und die früher dem Rücklagenfonds angelastet wurden, der Globalverwaltung der sozialen Sicherheit anzulasten.

Diese Maßnahme wurde angewandt auf die zu Unrecht gezahlten Beträge, die ab dem 1. Januar 2014 mitgeteilt wurden und die sich auf den Zeitraum vor dem 1. Januar 2015 beziehen.

Infolge der Zuständigkeitsübertragung der Familienleistungen an die Gebietskörperschaften am 1. Juli 2014 und deren Übernahme der Finanzierung ab dem 1. Januar 2015,  ist die Übernahme durch die Globalverwaltung nicht mehr gerechtfertigt.

Deshalb werden die zu Unrecht gezahlten Beträge, die nicht auf einen Fehler der Kindergeldkassen zurückzuführen sind, und über die entweder ab dem 1. Januar 2015 Mitteilung erfolgte oder die als nicht eintreibbar erklärt wurden bzw. auf deren Eintreibung vom gleichen Datum an verzichtet wird, zu Lasten der Gebietskörperschaften gehen.

Die Übernahme durch die Gebietskörperschaften geschieht entsprechend den gemeinsam durch die Gebietskörperschaften festgelegten Angliederungsfaktoren.

Kapitel 4. Mitmutterschaft

Die Mitmutter ist die Ehepartnerin oder die gesetzlich zusammenlebende Partnerin der Mutter. Mit Inkrafttreten am 1. Januar 2015 des Gesetzes vom 5. Mai 2014 zur Feststellung der Abstammung von der Mitmutter wird eine vollwertige rechtliche Abstammungsbeziehung zwischen der Mitmutter und dem Kind gestaltet. Somit haben Mitmütter nunmehr die gleichen elterlichen Rechte und Pflichten wie Väter und Mütter, ohne auf Adoption zurückgreifen zu müssen. Das Gesetz umfasst zwei Aspekte. Einerseits führt das Gesetz eine Vermutung von Mitmutterschaft angesichts der ehelichen Mitmutter für Kinder in der Ehe ein. Andererseits hat die zusammenlebende Mitmutter die Möglichkeit, das Kind anzuerkennen.

Die Einfügung des Begriffes der Mitmutterschaft in das Zivilgesetzbuch hat eine Reihe von Folgen für die Kindergeldgesetzgebung. Die vorgelegten Textentwürfe beanspruchen, diese Gesetzgebung entsprechend den Abänderungen des Zivilgesetzbuches anzupassen.

Es wird vorgeschlagen, eine neutrale Formulierung, nämlich den Begriff 'Elternteil', zu verwenden, um das Konzept 'Mitmutter' in Artikel 56bis AFBG (erhöhtes Kindergeld für Waisen), Artikel 66 AFBG (Abtretung des Vorranges), Artikel 69, §3 AFBG (Einspruch gegen die Bezeichnung des Kindergeldempfängers) und Artikel 73bis AFBG (Geburtsprämie) zu integrieren. Bezüglich des Artikels 66 AFBG werden außerdem die Begriffe 'Stiefvater' und 'Stiefmutter' durch den Begriff 'Stiefelternteil' ersetzt. Der Begriff 'Elternteil' umfasst sowohl den Vater, die Mutter als auch die Mitmutter.

Außerdem wird die Abänderung des Artikels 69 AFBG genutzt, um den vom AFBG eingefügten und durch das Gesetz vom 30. Juli 2013 zur Schaffung eines Familien- und Jugendgerichts unglücklicherweise aufgehobenen §3 Absatz 2 wieder einzuführen. Mit diesem Absatz 2 können die Änderungen des Kindergeldempfängers, die in der Selbstständigenregelung vor der Integrierung in das AFBG stattgefunden haben, „bestätigt“ werden.

Schließlich wird der Königliche Erlass vom 25. Oktober 1971 zur Ausführung des Gesetzes vom 20. Juli 1971 zur Einführung garantierter Familienleistungen entsprechend angepasst, um den Mitmüttern auch in Bezug auf die garantierten Familienbeihilfen die gleichen Rechte zu sichern.

Kapitel 5. Bestimmungen über die Einkommensgrenzbeträge

Es hat sich herausgestellt, dass infolge der Verteilung der Haushaltsmittel im Bereich Wohlstand (enveloppe de bien être), wodurch bestimmte Sozialleistungen aufgewertet werden, manche Kindergeldempfänger, die einen Sozialzuschlag oder einen Zuschlag für Alleinerziehende erhalten, möglicherweise nicht mehr die Bedingungen erfüllen, um diese Zuschläge weiterhin zu erhalten. Ihre Einkünfte nehmen unter der Wirkung dieser Aufwertung zu und würden somit die für das Kindergeld festgelegten Grenzbeträge der Einkünfte überschreiten, deren Nicht-Überschreitung eine Bedingung für die Gewährung des Zuschlages ist. Die Grenzbeträge in der Kindergeldgesetzgebung werden dementsprechend angepasst.

Den Bestimmungen von Kapitel 5 hat die Regierung bereits am 2. Juli 2015 zugestimmt. Diese Bestimmungen wurden aus dem damaligen Entwurf heraus gelöst und in dieses Zusammenarbeitsabkommen integriert.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Fiskalischer Datenfluss : Der Übergang zur Nutzung der steuerpflichtigen Einkünfte pro Monat ist ein neutraler Haushaltsvorgang, da Mehrkosten durch Einsparungen aufgewogen werden. Es entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Hausangestellte : Es entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Zu Unrecht gezahlte Beträge : Der Haushalt von Famifed für das Jahr 2016 sieht bereits einen spezifischen Kredit für die Übernahme von zu Unrecht gezahlten Beträgen der Kassen vor. Dieser Kredit ist festgelegt auf 1.567 EUR für die Deutschsprachige Gemeinschaft. Es entstehen keine zusätzlichen Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Mitmutterschaft : Es entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Einkommensgrenzbeträge : Aufgrund der zur Verfügung stehenden Angaben können schätzt Famifed, dass für ganz Belgien 4.029 Kinder betroffen sind, dass aber für die DG kein Kind betroffen ist. Somit entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Kostenübersicht für Belgien :

          Kosten          Betroffene Kinder

Flämische Gemeinschaft    1.150.574     1.753

Wallonische Region  1.243.736     1.839

GGK    281.092        437

DG      0        0

Gesamt         2.675.402     4.029

4. Gutachten:

Der Verwaltungsausschuss von FAMIFED hat über vorliegende Abänderungen in seiner Sitzungen vom 12. Januar 2016 beraten.

Der Ad-hoc-Ausschuss, in dem die zuständigen Minister der Gebietskörperschaften vertreten sind, hat am 18. Februar 2016 über den Entwurf beraten.

Das Gutachten des Finanzinspektors vom 1. April 2016 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

Artikel 5 §1 IV und Artikel 94 §1bis des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen.

Artikel 4 §2 des Gesetzes vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft.