Sitzung vom 14. April 2016

Dekretvorentwurf zur Abänderung des Dekrets vom 25. Mai 2009 über die Haushaltsordnung der Deutschsprachigen Gemeinschaft

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf zur Abänderung des Dekrets vom 25. Mai 2009 über die Haushaltsordnung der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in einer 30–Tages-Frist zu beantragen.

Der Ministerpräsident wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

a) Kontext

Als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahre 2008 wurden auf Ebene der Europäischen Union (EU) unter anderem eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes beschlossen, die auch den haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedsstaaten betrifft. Dies soll dazu beitragen, künftig eine Wiederholung solcher Krisen zu vermeiden.

Diese Reform ist durch folgende drei Instrumente verwirklicht worden:

1. „Six-Pack“, bestehend aus 5 Verordnungen und der Richtlinie (2011/85/EU);

2. „Fiskalvertrag“;

3. „Two-Pack“, bestehend aus 2 Verordnungen, die nur die Mitgliedsstaaten betreffen, die auch Mitglied der Euro-Zone sind.

Der „Six-Pack“ umfasst 5 Verordnungen und eine Richtlinie, die den Stabilitäts- und Wachstumspakt reformieren. Darin werden Referenzwerte für das maximale jährliche Defizit der öffentlichen Haushalte (= 3% des Bruttoinlandsproduktes, BIP) sowie für die Bruttoschuldenquote (= 60% des BIP) festgehalten. Gleichzeitig regeln die neuen Vorgaben, wie überhöhte Staatsdefizite im Rahmen eines Defizitverfahrens abzubauen sind und der Schuldenstand verringert werden muss. Zu diesem Zweck wurde ein Sanktionsmechanismus eingeführt. Bei Nichteinhaltung der ausgesprochenen Empfehlungen werden von der EU zu Lasten der Zuwendungen an die betroffenen Mitgliedsstaaten verzinsliche Einlagen einbehalten, die bei fortdauernder Verfehlung in eine Geldbuße umgewandelt werden können.

Zudem werden die volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, das öffentliche Statistikwesen sowie die Prognosepraxis in Sachen öffentliche Finanzen abgeändert. Diese Maßnahmen haben das Ziel, auf EU-Ebene über vergleichbare und verlässliche Daten zu verfügen und eine erneute Fehlentwicklung frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.

Des Weiteren wird ein Frühwarnsystem für übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte in den Mitgliedstaaten sowie entsprechende Korrekturmechanismen eingeführt.

Die 5 Verordnungen sind unmittelbar in Kraft getreten, während die Richtlinie von jedem Land in nationales Recht umzusetzen ist. Der vorliegende Dekretentwurf nimmt diese Umsetzung auf Ebene der Deutschsprachigen Gemeinschaft vor.

Der „Fiskalvertrag“ wurde in Belgien durch die Zustimmung der Parlamente der Föderalbehörde und aller Gliedstaaten umgesetzt. Das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat dem Vertrag am 14. Oktober 2013 nach sehr ausführlicher Vorbereitung zugestimmt.

Der „Two-Pack“ besteht aus 2 Verordnungen, die unmittelbar auf die Mitgliedsstaaten Anwendung finden. Diese betreffen die Intensivierung der haushaltspolitischen Überwachung der Mitgliedstaaten der Währungsunion. In diesem Sinne müssen die Gliedstaaten ihre provisorischen Haushaltsdaten für das jeweils folgende Haushaltsjahr frühzeitig an die EU-Kommission zwecks Stellungnahme übermitteln.

Außerdem muss die Anwendung der europäischen Haushaltsregeln durch politisch unabhängige, nationale Institutionen kontrolliert werden. In Belgien haben der Föderalstaat und die Gliedstaaten entsprechende Zusammenarbeitsabkommen verabschiedet; so hat auch das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft am 2. November 2015 einem entsprechenden Abkommen zugestimmt.

b) Richtlinie 2011/85/EU

Die Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten ist, wie bereits erwähnt, Teil des „Six-Pack“ und muss vom belgischen Staat in nationales Recht umgesetzt werden.

Die Föderalbehörde hat in einer ersten Etappe diese Umsetzung durch die Verabschiedung von folgenden beiden Gesetzen vollzogen:

1. Gesetz zur Abänderung des Gesetzes vom 16. Mai 2003 zur Festlegung der für die Haushaltspläne, die Kontrolle der Subventionen und die Buchführung der Gemeinschaften und Regionen sowie für die Organisation der Kontrolle durch den Rechnungshof geltenden allgemeinen Bestimmungen im Hinblick auf die Teilumsetzung der Richtlinie 2011/85/EU;

2. Gesetz zur Abänderung des Gesetzes vom 22. Mai 2003 zur Organisation des Haushaltsplans und der Buchführung des Föderalstaates im Hinblick auf die Teilumsetzung der Richtlinie 2011/85/EU.

Ein Teil der Umsetzung erfolgte dementsprechend dadurch, dass das Gesetz vom 16. Mai 2003 „über die allgemeinen Bestimmungen“ abgeändert wurde, das aufgrund von Artikel 50 §2 des Sondergesetzes vom 16. Januar 1989 bezüglich der Finanzierung der Gemeinschaften und Regionen den Rahmen für die jeweiligen Haushaltsvorschriften der Gliedstaaten festlegt.

Zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie müssen in einer zweiten Etappe die Gliedstaaten ihre Haushaltsvorschriften an diese beiden Gesetze anpassen. Durch den vorliegende Dekretentwurf soll die Haushaltsordnung der Deutschsprachigen Gemeinschaft abgeändert und somit teilweise die Richtlinie 2011/85/EU umgesetzt werden.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Es entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

4. Gutachten:

Das Gutachten des Finanzinspektors liegt vor.

Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

Sondergesetz vom 16. Januar 1989 bezüglich der Finanzierung der Gemeinschaften und Regionen, Artikel 50 §2

Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 60

Gesetz vom 16. Mai 2003 zur Festlegung der für die Haushaltspläne, die Kontrolle der Subventionen und die Buchführung der Gemeinschaften und Regionen sowie für die Organisation der Kontrolle durch den Rechnungshof geltenden allgemeinen Bestimmungen