Sitzung vom 18. Februar 2016

Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg: Beitritt und Genehmigung einer gemeinsamen Erklärung für eine europäische Energiewende ohne Atomkraft

1. Beschlussfassung :

Die Regierung beschließt den Beitritt der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg und genehmigt eine gemeinsame Erklärung der Allianz für eine europäische Energiewende ohne Atomkraft.

Der Ministerpräsident wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen :

Die Initiative zur Gründung einer  „Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg“ ist in der Regierung des Landes Rheinland-Pfalz entstanden.

In der Europäischen Union zeichnen sich in Bezug auf die Energiepolitik historische Weichenstellungen ab. 2016 soll laut Kommissar Maroš Šefčovič das Jahr der Ergebnisse für die europäische Energieunion werden. Im Rahmen ebendieser Verhandlungen zur Schaffung der Energieunion fordern allerdings mehrere EU-Mitgliedsstaaten eine Förderung von Atomkraft. Nuklear-Lobbyisten und staatliche Atomkraftbefürworter in mehreren Mitgliedstaaten (allen voran Großbritannien, Frankreich, Tschechien, Slowakei und weitere Länder Mittel- und Osteuropas) fordern vehement eine Renaissance der Atomkraft ein. Dabei wird die gefährliche Auffassung vertreten, Atomkraft solle als – scheinbar – umweltfreundliche Zukunfts-technologie eine wichtige Rolle einnehmen. Ebenso spricht sich die jüngste Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15.12.2015 (P8-TA-ProV (2015)044)  zur künftigen Energieunion dafür aus, geeignete Rahmenbedingungen für jene Staaten zu schaffen, die die Atomenergie vorantreiben wollen.

Die AKW-Lobbyisten und die genannte pro-Atom-Gruppe Regierungsvertreter von Mitgliedstaaten gehen dabei so weit, dass sie in Brüsseler EU-Gremien atomkraftfördernde Beihilferichtlinien einfordern, die den Steuerzahler letztlich teuer zu stehen kämen. Auch pochen diese Verbündeten für eine nukleare Renaissance auf Finanzspritzen für langfristige AKW-Projekte und wollen dafür sogar Mittel aus dem EU-Haushalt generieren. Teure und gefährliche Fehlinvestitionen mit Auswirkungen für die kommenden Jahrzehnte, wären dadurch festzementiert. 

In diesem Jahr jährt sich die Katastrophe von Tschernobyl zum 30ten Mal und die von Fukushima zum fünften Mal. Diese Katastrophen haben große Gebiete unbewohnbar gemacht, vielen Menschen die Heimat geraubt und gefährden noch für eine unabsehbare Zeit die Gesundheit der Menschen. Auch 30 Jahre nach dem Super-Gau dauern die Arbeiten zur Beseitigung der Folgen in der Ukraine an.

Auch in der EU sind derartige Katastrophen nicht ausgeschlossen. Die Störanfälligkeit  bei - oftmals sehr alten - AKW-Reaktoren ist hoch und Risiken für die Bevölkerung in Europas Regionen nehmen zu, wie viele Beispiele aus der letzten Zeit zeigen. Das Wiederanfahren der beschädigten Reaktoren im belgischen Doel und in Tihange, begleitet von großen Problemen im Betrieb, hat der Öffentlichkeit zuletzt die enormen Risiken der grenznahen AKW vor Augen geführt. In den Reaktordruckbehältern der AKW-Blöcke Tihange 2 und Doel 3 sind bereits 2012 Tausende Risse in Druckbehältern zutage getreten, weshalb sie diese Kernkraftwerke seitdem mehrmals lange stillstanden. Dennoch wurde der Weiterbetrieb zuletzt für mehrere Jahre von den nationalen Behörden genehmigt.

Die Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg formiert sich, um diesem atomtechnischen Irrweg für die europäische Energiepolitik ein starkes Signal entgegenzusetzen. Es muss verhindert werden, dass im Zuge des Umbaus der europäischen Energieversorgung eine gänzlich unwirtschaftliche, veraltete Risiko-Technologie weiterhin durch Subventionen künstlich am Leben erhalten wird. Damit würde die Chance der  Energiewende, durch Energieeffizienz und den Einsatz Erneuerbarer Energien die Dekarbonisierung der Energieversorgung zu erreichen, verspielt. Die Umsetzung des UN-Klimaabkommens von Paris steht nun bevor. Mitgliedstaaten, aber auch Regionen und Städte, sollen ihre Beiträge zum Klimaschutz leisten. Das Abkommen muss mit Erneuerbaren-Ausbau und Energieeffizienzmaßnahmen ambitioniert umgesetzt werden. Der Ausstieg aus den fossilen Energien darf keinesfalls durch irrige Investitionen in Atomkraft ersetzt werden.

Am Beitritt zur Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg haben bisher folgende Länder und Regionen ihr reges Interesse bekundet: die deutschen Bundesländer Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Thüringen, Niedersachsen, sowie das Land Oberösterreich und das Großherzogtum Luxemburg.

Die Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung der Teilnehmerländer und –regionen für eine europäische Energiewende ohne Atomkraft erfolgt am Mittwoch, dem 2. März 2016 in Brüssel.

3. Finanzielle Auswirkungen :

Der Beitritt zur Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg und die Unterzeichnung der Erklärung für eine europäische Energiewende ohne Atomkraft haben keine finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

4. Gutachten :

Keine Guthaben erforderlich.

5. Rechtsgrundlage :

Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft